In dem Sprichwort: „Der Wert des Wassers wird oft erst dann erkannt, wenn der Brunnen trocken ist“ steckt zugegebenermaßen ein kleines bisschen Wahrheit. Um diesen klugen Worten nicht zu viel Weisheit einzugestehen, war das mein Entschluss hingegen: Jetzt erst Recht!
Das Thema Verletzungen im Sport ist ein Tabuthema. Keiner möchte so richtig darüber sprechen. Schwächen eingestehen, dabei ist es ein fast allgegenwärtiges Thema in jeder Sportart und vor allem die Angst davor, die uns beschäftigt.
Meistens spreche ich sowieso genau das aus, was zwar alle denken, aber keiner sagt, und weil es mich so unglaublich viel gelehrt hat, ist meine Rückenverletzung sogar der Grund für die Einführung des heutigen Blogeintrags.
Eine Verletzung muss nicht unbedingt eine Schwäche sein! Zumindest nicht auf Dauer. Die Art und Weise, wie wir mit Niederlagen umgehen, ist was einen guten Sportler ausmacht. Jeder Gewinner hat zuerst gelernt zu verlieren und wird immer wieder vor die Herausforderung gestellt, denn man kann nicht immer gewinnen.
Also, um das Ganze wieder zurück zu meiner Verletzung zu bringen, habe ich im November 2023 ein Band im unteren Rücken angerissen und war für vier Monate raus. Die Diagnose und Genesungszeit waren anfangs unklar. Hinzu kamen unglaublich starke Schmerzen und unzählige Zweifel, ob ich je wieder so kiten kann wie zuvor und ob es das Risiko überhaupt wert ist…
Meine Disziplin ist Big Air Kitesurfen. Da es eine Extremsportart mit relativ hohem Risiko bei einer durchschnittlichen Höhe von 15 – 25 m ist, waren diese Zweifel durchaus berechtigt. Zudem kommt der Fakt hinzu, dass es eine Nischensportart ist, die kaum an Anerkennung in der Öffentlichkeit gewinnt und wir chronisch unterbezahlt werden. Die allerwenigsten können davon leben und haben somit überhaupt die Chance dazu, ihr Potenzial voll auszuschöpfen.
Einige von euch fragen sich nun bestimmt, wozu denn dann das ganze!? Diese Frage kann wahrscheinlich nur wer beantworten, der schon mal mit einem Brett, angetrieben vom Wind übers Wasser geglitten ist und mit dem Wind “fliegen” kann.
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Nach meiner viermonatigen Auszeit und viel Rehabilitations Arbeit außerhalb des Wassers und Unterstützung meines Coaches – Ruan Retief war ich tief fest entschlossen. Ich komme zurück und zwar stärker denn je!
Mein Motto, dass sich in dieser Zeit entwickelt hat, ist: “Work smart and hard”
Dass man hart arbeiten muss, um seine Ziele zu erreichen ist klar, aber weil ich mir die kurze Zeit, die mir blieb, mich auf die erste Etappe der Weltmeisterschaft vorzubereiten gut einteilen musste, war das Thema “train smart” noch wichtiger denn je!
Ich hatte insgesamt 3 Wochen.
Mit dem Wissen, dass alle anderen die letzten vier Monate härter denn je trainiert haben. Das Niveau der Frauen in der Big Air Szene steigt rasant an. Momentan, um an der Spitze zu sein und unter die Besten zu gehören, muss man das ganze Jahr über so viel wie möglich trainieren. Es führt kein Weg daran vorbei, viel zu reisen, um den verschiedensten Konditionen ausgesetzt zu sein und wortwörtlich Stürmen hinterherzujagen.
Hier stand ich nun bei Lords of Tram, in Le Barcares in Frankreich im April, mit nur drei Wochen Vorbereitung.
Ich will nicht zu viel von meiner Strategie verraten, aber ich muss sagen, in meinen Heats war ich entspannter denn je!
Vielleicht ist es teilweise auch Erfahrung. Dies ist nun mein drittes Wettkampfjahr, in dem mein Freund Jason Van der Spuy und ich an allen internationalen Wettbewerben teilnehmen und hauptsächlich in Sturm-Konditionen (50-90 km/h) trainieren.
Knapp am Finale vorbei, genauer gesagt 1,27 Punkte, bin ich trotzdem sehr zufrieden mit
meinem fünften Platz. Außerdem bin ich eine der ersten Frauen, die einen Double Loop im
Wettbewerb gelandet haben.
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Danach ging es direkt weiter mit der nächsten Wettkampfvorbereitung in Tarifa, Spanien. Da es extrem schwierig ist, ein Big Air Event im Voraus zu planen, sind unsere Zeitfenster meistens pro Wettbewerb einen Monat lang. Das bedeutet für uns, fast jeden Monat des Jahres auf Abruf bereit zu sein und natürlich jeweils in einem anderen Land. Ein Event kann und wird maximal 72 Stunden vorher erst bestätigt, da sich vorher die Windprognose immer wieder spontan ändern kann. Also ist es fast unumgänglich den ganzen Monat vor Ort an der Wettbewerbs-Location zu sein und natürlich auch dort zu trainieren.
Der Wind ist von Ort zu Ort unterschiedlich und kann wirklich stark variieren. Le Barcares ist zum Beispiel wortwörtlich für seinen Auftrieb und den sogenannten “Magic Gusts“ bekannt.
©jasonvanderspuy
Tarifa hingegen ist fast das Gegenteil davon. Der Wind hat eine hohe Dichte, denn er wird von zwei Bergketten komprimiert. Er bläst weniger nach oben, aber unglaublich mächtig und kann demnach ganz schön einschüchternd sein. Das Besondere an dem Spot “Balneario” ist aber die Offshore Kicker Welle, die in die entgegengesetzte Richtung des Windes rollt. Somit kann man mit dem Wind gegen die
Welle fahren, Leinenspannung kreieren und explosiv in die Luft abheben.
Der zweite Wettbewerb der Saison war “Full Power Tarifa”. Ich bin auf dem dritten Platz gelandet! Damit bin ich zufrieden, da ich die letzten beiden Jahre jeweils auf Platz vier gelandet bin, was zwar Finale, aber kein Podium bedeutet.
Der Wettbewerb an sich war ehrlich gesagt wild und die stärksten Windbedingungen, die wir bisher in einem Wettkampf hatten!
Die durchschnittliche Windgeschwindigkeit waren 90 km/h, was in Tarifa durchaus beängstigend ist und leider ohne kicker Welle, was den Absprung deutlich schwieriger macht, aber vor allem die Landungen! Als Referenz, bei diesen Windstärken ist es schon schwer zu gehen.
In diesem Wettkampf war ich alles andere als tiefenentspannt. Aber ehrlich gesagt war das keiner! Falls es euch interessiert, wie extrem das Event war, könnt ihr den Livestream auf YouTube nachverfolgen.
Das nächste Event ist der zweite und für dieses Jahr letzte Stopp der GKA Weltmeisterschaft vom 09.-13.07.24 in Gran Canaria. Da ich eine gute Chance habe, mienen fünften Platz zu verbessern und eventuell auf dem Treppchen der Weltmeister zu stehen, bin ich momentan zu 100% auf mein Training
fokussiert.
Dazu sind Jason und ich gemeinsam mit Pippa van Iersel, Luca Ceruti und Liam Whaley nach Dakhla in Marokko gereist. Hier werden wir von PK25 gehostet, mit dem besten Essen und rundum Service ausgestattet und können uns somit wortwörtlich nur auf das Training konzentrieren. Der Fokus liegt nun darauf, neue Tricks zu lernen und ich kann es kaum erwarten, diese im Wettkampf zu präsentieren!
Liebe Grüße
Alessa Sophia Mensch
©_alessasophia
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